Pedelecs schieben die Freizeit-Wirtschaft an

Flachländler lieben das Fahrrad seit vielen Menschengenerationen weit mehr als die „Gebirgler“. Während sich beim Treten der Pedale auf ebenen Fahrstrecken durchaus Fahrspass einstellen kann, werden bergige Steigungen bereits nach kurzer Strecke anstrengend. Untrainierte Radfahrer reagieren mit Muskelkater und neigen deshalb in bergigen Gegenden eher zu Fahrzeugen mit motorischer Unterstützung.

Doch die Grenzen zwischen Berg und Tal werden künftig weit weniger ins Gewicht fallen, wenn es nach den Wünschen der Fahrrad- und Elektromotoren-Industrie geht. Mit neuen Fahrzeug-Konzepten beschreitet man Wege, die durch die Existenz und akzeptierte Nutzung des klassischen Fahrrads bereits bestens geebnet sind.

Bei der Namensfindung für das elektrifizierte Fahrrad standen zwei Begriffe Pate: zum einen das Pedal, zum anderen die Elektrik. Das „Pedelec“ war geboren. Die Abgrenzung zwischen dem Pedelec und seinem Verwandten, dem E-Bike, ist wesentlich. Beim Pedelec will der Elektromotor den Pedalanschlag des Radfahrers spüren, während ein E-Bike wie ein klassisches Elektrofahrzeug funktioniert. Beiden wird eine grosse Zukunft mit Potenzial für interessante Geschäftsmodelle prognostiziert. Wir grenzen diesen Beitrag auf die funktionale und wirtschaftliche Betrachtung des Pedelec ein.

Pedelec, Elektrovelo: eingebauter Rückenwind

Auf leisen Sohlen hat sich eine Entwicklung herangepirscht, die in beeindruckend zweistelligen jährlichen Wachstumsraten für einen Zuwachs bei der Fangemeinde der Drahtesel-Reiter sorgt. Ein kleiner Elektromotor sorgt auf geräuschlose Weise für so viel Schub, dass selbst Oma und Opa wieder Lust auf einen erfrischenden Landausflug verspüren.

Dass man diese im Fahrradladen als „Elektrovelo“, oder „Pedelec“ ausgewiesenen Vehikel nicht aus der Portokasse bezahlen kann, stört die Senioren dabei ebenso wenig, wie andere gut situierte, eher unsportliche Freizeit-Radler. Faktor zehn auf den Grundpreis eines unmotorisierten Velos ist mindestens fällig, wenn man seinen alten Drahtesel durch einen mit Motor betriebenen ersetzt. Dafür erweitert sich der Aktionsradius für „Ab-und-An-Radler“ recht deutlich. Hinzu kommen neue Nutzungsvarianten, die geradezu nach neuen Geschäftsmodellen für ambitionierte Unternehmer rufen.

Pedelec Nutzungsbeispiel: Dutch Business Man

Für Berufstätige in Ländern mit einer ausgeprägten Fahrrad-Kultur wie den Niederlanden ist das Pedelec eine komfortable Fortbewegungsmaschine. Der Business-Radler aus Amsterdam – oft mit Schlips und Anzug auf dem Velo – kommt dank eingebautem Rückenwind frisch und unverschwitzt in seiner Firma an. Mit etwas Glück ist er bei einem Unternehmen beschäftigt, das für seine Mitarbeiter eine Pedelec-Tankstelle bereitstellt. Der Ablauf gestaltet sich dann wie folgt: Absteigen, Parken, Pedelec-Akku an der kostenlosen Ladestation der Firma anschliessen, Business-Habit herrichten, Business-Köfferchen vom Fahrrad abschnallen und Stempeluhr betätigen. Abends steht das Rad mit aufgeladener Batterie für die Heimfahrt bereit. Das bereits mit grossem Erfolg praktizierte Holland-Modell hat durchaus das Zeug dazu, auch in anderen Ländern Fuss zu fassen.


Routen mit Akku-Ladestationen. (Bild: Trueffelpix / Fotolia.com)


Pedelec Business-Modell: Routen mit Akku-Ladestationen

Flusstäler wie die von Rhein, Rhône, Main und Loire sind prädestiniert für die Nutzung von Pedelecs. Das sind zum einen die „Long-Distance“-Touren. Einige bereits etablierte Geschäftsmodelle bedienen die Reiselustigen auf ihren mehrtägigen Touren. Für zusätzliche Ideen ist noch genügend Raum. Ganz gleich, ob auf dem eigenen Pedelec oder dem vom Veranstalter einer ausgearbeiteten Tour verliehenen Elektrovelo: Die Touren bringen viel Spass und haben vitale Gene für einen neuen Breitensport. Denn Pedelec fahren steht nicht für motorbetriebenes Fahrrad-Cruisen, nein, auch eigene Muskelbeiträge sind verlangt. Das steigert den Spass und hält fit für den Fall, dass der wiederaufladbare Akku auf einer Tour seine Energiereserven aufgezehrt hat.

Ein Business-Modell, das bereits an Rhein und Main etabliert ist, bietet ein geografisch optimiertes Netzwerk von Pedelec-Miet- und Ladestationen. Architektonisch hübsch und funktional gestaltet stehen die überdachten Stationen entlang ausgewiesener Radwege zur Verfügung. Sie werden gerne genutzt, denn eine Akkuladung reicht je nach Geschwindigkeitsstufe und Steigung für 25 und 50 Elektrokilometer. Je nach Bedarf können dort vom Betreiber fertig konfektionierte Akku-Ladestationen – 4, 8, 12, 20 oder mehr – gegen Entgelt betrieben werden. Der Ladevorgang nimmt rund zwei Stunden in Anspruch. In Verbindung mit einem Velo-Verleih und einer Erfrischungs-Theke lässt sich so in Ballungszentren ein tragfähiges Geschäftsmodell entwickeln.

Aber auch Kommunen mit touristischem Potenzial ergreifen die neuen Möglichkeiten, um viele Menschen, inklusive der Zielgruppe der zahlungskräftigen Pedelec-Senioren, zu einem Aufenthalt ins Städtchen zu bewegen. Die Städte investieren ihrerseits in Akku-Ladestationen, die sie ihren Gästen kostenfrei oder zum symbolischen „Parkgroschen“ zur Verfügung stellen. Während die Gäste im Café oder Restaurant einkehren oder zum Shopping gehen, wird das Elektrovelo wieder für die Heimfahrt „aufgetankt“.

Sinnvoll: der Eintrag ins Akku-Tankstellennetz

Auch Fahrradhändler greifen diesen Trend hin zum aktiven Service auf und lassen sich gerne in das auf Webseiten veröffentlichte Akku-Tankstellennetz aufnehmen. Der Akku-Ladeservice ist insbesondere in bergigen und alpinen Gegenden ein gerne genutzter Service. Denn Pedelec fahren bedeutet mit elektrischer Tretunterstützung fahren. Solange der Fahrer in die Pedale tritt, gibt der an Bord befindliche Elektromotor 50, 100 oder gar 150 Prozent der durch Treten des Fahrers investierten Kraft zurück. Ist der Akku leer, so fordern die Berge ihren Muskel-Tribut. Wer Touren in den Schweizer Bergen bucht, sollte diese Sorge nicht haben. Die Veranstalter sorgen fürs Elektrovelo ebenso wie für den stets geladenen Akku. Bei mehrtägigen Touren garantiert der Gepäcktransport zum nächsten Übernachtungsort für einen weitgehend schmerzfreien Rücken.

 

Oberstes Bild: © Petair – Fotolia.com

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